Gründerstory TwinIt

Im Interview mit Max Both, Mitgründer von TwinIt

Stell Dich doch zunächst einmal kurz vor: Wer bist Du und was machst Du? Ich bin Max Both. Aktuell promovieren Björn (ebenfalls Gründer) und ich noch an der TH Köln im Bereich der Automatisierung und der Plan ist, dass wir die entwickelten Lösungen dort mit TwinIt auf den Markt bringen und helfen, Gebäude energieeffizienter besser zu machen. Wir wollen es möglich machen, die Performance von Gebäuden zu tracken und zu optimieren und damit helfen, die Emissionen von Gebäuden zu reduzieren – quasi eine Smart Watch für Gebäude mit passender App. Der Schlüssel für eine einfache Umsetzung ist unter anderem die Verwendung von Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz.
Der dritte im Gründungsteam ist Jan. Jan hat bereits ein Tech-Unternehmen im Bereich technische Dokumentation (plusmeta GmbH) gegründet und möchte nun mit uns auch den Gebäudesektor digitalisieren. Die Gründung von TwinIt ist für nächstes Jahr geplant. Wir waren wirklich noch ganz am Anfang mit den Ideen als wir bei KUER teilgenommen haben.

Beim KUER.NRW Businessplan Wettbewerb 2022 konntet ihr euch den zweiten Platz sichern. Was hat euch besonders gut am Wettbewerb gefallen und was hat euch besonders weitergebracht? Wir hätten einfach nie damit gerechnet, dass uns dieser Wettbewerb so weit nach vorne bringen kann. Wir sind ja wirklich bei 0 gestartet, haben dann gute Impulse durch die Fachvorträge und unseren Mentor bekommen und dann im Rahmen von KUER selbst viel an der Geschäftsidee und dem Businessplan gearbeitet. Das hätten wir ohne KUER wahrscheinlich nicht so zielstrebig und effektiv in dieser Zeit auf die Beine gestellt. Die Vernetzung mit anderen Start-Ups und das Pitch Training sowie der Pitch gegen Ende waren dann auch wirkliche Highlights für uns. Das war cool!

Vielleicht noch einmal im Detail: Mit welcher Problemlösung seid ihr beim KUER.NRW Businessplan Wettbewerb angetreten und was ist das Besondere an eurer Geschäftsidee? Das Problem oder die Probleme sind in aller Munde: Der Klimawandel ist real und die Gefahren akut und auch durch die Energiekrise zeigt sich gerade, wie wichtig es ist, neben dem Ausbau erneuerbarer Energieträger, bereits jetzt in bestehenden Systemen Energieeinsparpotenziale zu finden und zu nutzen. Dem Gebäudesektor kommt dabei kein kleiner Anteil zu. 35% des deutschen Endenergieverbrauchs entfallen auf den Betrieb von Gebäuden. Nur wissen die meisten Gebäudebesitzer oder Betreiber gar nicht, wie gut oder schlecht ihr Gebäude gerade läuft und wo Einsparpotenziale liegen. Wir brauchen ein Energiemonitoring, also die digitale Abbildung der Betriebsdaten eines Gebäudes. Und warum wir das nur so selten vorfinden, liegt an dem „Datenchaos“, das wir von den technischen Systemen eines Gebäudes erhalten. Es braucht manuelle und zeitintensive Arbeit eines Gebäudetechnikers/Ingenieurs, um Datenpunkte den richtigen Komponenten zuzuordnen und so zu verstehen, wie die verschiedenen Systeme des Gebäudes zusammenarbeiten und funktionieren. Der Fachkräftemangel trägt hier, neben Zeit und Geld, das in diesen Prozess miteinfließt, nicht gerade dazu bei, dass wir Monitoring Lösungen schneller in die breite Masse bekommen. Und hier setzen wir mit KI an, um diesen Aufbereitungsprozess zu automatisieren. Nutzer:innen sollen eine einfache, verständliche Monitoring Lösung erhalten, um ihr Gebäude optimieren zu können.

Kurz nochmal zurück zum Anfang: wollt ihr ein wenig erzählen, wie es überhaupt zur Geschäftsidee von TwinIt gekommen ist? Gab es diesen einen Aha-Moment?! Diesen einen „Aha-Moment“ gab es bei uns eher nicht. Seit wir Teenager sind, haben wir einen Bezug zur Gebäudetechnik. Sei es durch familiäres Unternehmertum, Nebenjobs in den Schulferien oder Berufsausbildung. Im Studium haben wir uns dann alle auf die Gebäudeautomatisierung spezialisiert und in dem entsprechenden Labor unseres Instituts im Forschungsbereich angefangen zu arbeiten. In dieser Arbeitskonstellation kommt man dann irgendwann zwangsläufig an den Punkt, wo man sich denkt „Wieso gibt es für dieses Problem eigentlich kein Produkt/keine Lösung?“. Über die Zeit und den gemeinsamen Austausch, hat sich für uns dann ein immer klareres Bild ergeben mit welchen Technologien und Methoden wir einen echten Mehrwert für den Betrieb von Gebäuden liefern können. Dass diese Idee auch bei anderen Personen, beispielsweise den Gutachtern des KUER.NRW Businessplan Wettbewerbs, Anklang gefunden hat, hat uns dann in unserer Überzeugung bestätigt

Welche Lehren könnt ihr aus anfänglichen Fehlern ziehen und was könnt ihr diesbezüglich rückblickend anderen Gründer*innen mit auf den Weg geben?
Unser größter Fehler am Anfang war wahrscheinlich, dass wir unsere Ideen nicht gut kondensiert haben. Da wir aus der Forschung kommen und unsere Entwicklungen dort die Basis für verschiedene Produkte bilden können, war es am Anfang schwer, sich auf eine Idee zu fokussieren. Und auch als wir uns dann auf eine Idee geeinigt hatten, haben wir uns immer wieder dabei erwischt, wie wir an verschiedenen Ecken weiter gesponnen haben nach dem Motto: und das können wir auch noch machen, und das auch noch. Von daher würde ich anderen Gründer:innen raten: Fokussiert euch auf eine Idee und arbeitet konzentriert an dieser weiter. Im Hinterkopf oder im „10 Jahres Plan“ kann man die anderen Ideen aber natürlich bewahren und dann mit der Zeit umsetzen.

Ein weiterer Fehler war, dass wir nicht frühzeitig genug mit möglichen Kund:innen/ Anwender:innen über unser Produkt und ihre Erwartungen an dieses gesprochen haben. Wir waren der Meinung, dass wir am besten wissen, was unsere potenziellen Kund:innen brauchen, ohne mit diesen vorher gesprochen zu haben. Wahrscheinlich ist das einer der häufigsten Fehler, deswegen hier der Hinweis: Sprecht frühzeitig mit euren möglichen Kund:innen, um so deren Wünsche abzudecken. Gleichzeitig darf man sich nicht zu sehr von alten Denkmustern, auch der Kunden, einengen lassen. Denn lässt man sich zu sehr von alten Gegebenheiten und Ansichten einengen, kann das auch den Innovationsgeist einschränken.

Energieeinsparungen in Gebäuden sind heute wichtiger denn je. Welches Zukunftsszenario wünscht ihr euch für euer Produkt?  Die Entwicklung der Energiekosten hat in unser Arbeitsumfeld natürlich eine ganz neue Diskussionsdynamik gebracht. Aber um ehrlich zu sein ist die „Performance von Gebäuden“ jetzt immer noch kein Thema welches in der Gesellschaft als „cool“ oder „sexy“ aufgefasst wird.
Nehmen wir mal die Automobilbranche als Vergleich: Es wird verhältnismäßig häufig und gerne darüber gesprochen, welche Kennwerte das eigene Auto hat, wie hoch der Verbrauch ist, wie häufig verschiedene Modelle in die Werkstatt müssen etc. Es ist gesellschaftlich völlig akzeptiert, Freitagsabends in der Kneipe über dieses Thema zu sprechen. Stellen Sie sich mal vor, Sie würden in Ihrem Freundeskreis ähnliche Vergleichszahlen für den Betrieb ihres Gebäudes ansprechen. Ein paar skeptische Blicke wären Ihnen gewiss.
Wenn der energetische Gebäudebetrieb in der Öffentlichkeit eine ähnliche Aufmerksamkeit bekommt, wie die Automobilbranche, würde dies unserer Geschäftsidee – und natürlich dem Klima – enorm helfen.

Welche Ziele und Visionen habt ihr für euch als Team für das Jahr 2023 vorgenommen? Für 2023 haben wir uns drei klare Ziele gesetzt. Als erstes wollen wir unser Produkt weiter verbessern und unter realen Gegebenheiten testen. Aktuell wurde unsere Lösung nur innerhalb unseres Labors an der TH Köln getestet. Im ersten halben Jahr wollen wir weiter an dem Produkt arbeiten und dann ab dem dritten Quartal dieses auch bei unseren Partner:innen testen. Zweitens wollen wir weitere Kontakte innerhalb der Start Up Branche knüpfen und mehr in Kontakt mit anderen Gründer:innen und möglichen Investor:innen treten. Hierfür war der KUER Wettbewerb, übr. unser erster Wettbewerb, ein toller erster Anknüpfpunkt an die ganze Szene. 2023 möchten wir an weiteren Coachings, Programmen und Start Up Tagen teilnehmen, um noch mehr in Kontakt mit der ganzen Start Up Szene zu treten. Als Drittes steht die Finanzierung TwinIts für 2024 an. Bis Ende des Jahres arbeiten wir noch als wissenschaftliche Mitarbeiter an der TH Köln, ab 2024 ist das aber vorbei. Deswegen sondieren wir aktuell, welche Förderprogramme für uns die Besten sind, bspw. der EXIST Forschungstransfer oder das Gründerstipendium.NRW. Oder wer weiß, vielleicht ergeben sich in 2023 ja auch schon Kontakte mit möglichen Investor:innen für TwinIt, sodass wir noch schneller durchstarten können. Also falls jemand diese Zeilen liest, der dabei helfen möchte, Gebäude energieeffizienter zu machen, um so zu helfen, die Energiewende zu schaffen und einen positiven Beitrag zum Klimawandel zu leisten: Meldet euch gerne bei uns!

(Foto & Bildrechte: Tom Schulte)